Wo fing das ganze eigentlich an und wie kam ich zur Fotografie? Ich will euch heute das Ganze ein bisschen ausführlicher erzählen und fange daher ganz von vorne an. Ich war schon immer kreativ und habe von klein auf gemalt und gezeichnet. Schüchtern aber kreativ, so hätte man mich als Kind bezeichnen können. Ich konnte mich immer schon alleine beschäftigen und wenn ich nicht gemalt habe war ich draußen in Omas Garten und habe dort gespielt.
Als ich in etwa 12 Jahre alt war, hat sich mein Papa die erste Spiegelreflexkamera gekauft und mich damit alles ausprobieren lassen, wonach mir war. Ich weiß noch, mein erster Gedanke als ich sie in der Hand hatte war, dass mich dieses Klicken, so fasziniert hat. Es fühlte sich so gut an! Ich durfte Paps alte Fotostudioausrüstung benutzen und mein Kinderzimmer wurde zum Fotostudio, bevor dann die alte Scheune an meinem Elternhaus herhalten musste.
Meine Schwester und meine Freundinnen aus der Schule mussten anfangs oft Modell stehen, wenn ich wieder Dinge ausprobieren wollte. Ich fotografierte meine Klassenkameradinnen, und irgendwann deren Freunde, und deren Geschwister, und deren Freunde und so wurde es dann zum Selbstläufer…
Anfangs war mein größtes Problem noch die Kommunikation. Ich war schüchtern, und nicht nur so ein bisschen, sondern richtig übel. Wenn es irgendwie ging habe ich immer meine Schwester vorgeschickt um zu reden, das war für mich der größte Horror, ich wurde immer unsicher, find an zu stottern und zu schwitzen… und plötzlich MUSSTE ich mit fremden Menschen reden. Alleine. Über das was mir am meisten am Herzen lag. Es ist mir so schwergefallen und es hat mich immer unendlich viel Überwindung gekostet.
Und wenn ich dann noch von Fremden kritisiert wurde ist meine ganze Welt zusammengebrochen und ich habe mich in die Ecke gesetzt und geweint. Auch das hat lange gedauert, bis ich gelernt habe Kritik anzunehmen und daran zu wachsen. Ich habe mir immer alles so sehr zu Herzen genommen, und so schnell an mir selber gezweifelt.
Unsere alte Scheune wurde langsam aber sicher zum Fotostudio umfunktioniert, (dank Papa dem Schreiner) ich erstellte mir eine Homepage und hatte die ersten kleinen Erfolge als meine Bilder bei Wettbewerben veröffentlicht wurden. Nach der Realschule ging ich nach Fulda um mein Fachabi im Bereich Gestaltung zu machen. Dort fühlte ich mich erst mal ziemlich klein, da plötzlich alle besser zeichnen konnten als ich und ja sooo viel kreativer waren. Ich hatte Zweifel dort mithalten zu können… Und dann noch diese blöde Schüchternheit, die stand mir auch damals noch ständig im Weg. Diese Zeit hat Spaß gemacht und ich habe sehr viel „sinnvolles“ gelernt, auch wenn die meiste Zeit damals für Fototermine statt für Hausaufgaben draufging.
Ich überlegte danach die Fotografie klassisch zu lernen oder zu studieren, wie man das halt „so macht“ aber nachdem ich verschiedene Praktika in Frankfurt und Darmstadt gemacht habe, wusste ich ganz sicher, dass ich nicht in so einer großen Stadt leben wollte, und die Firmen in denen ich reingeschnuppert habe waren nur auf Werbefotografie spezialisiert und das hat mich die Freude an der Sache genommen. Warum die Begeisterung verschwand wurde mir erst später klar.
2010 – Das Jahr des großen Umbruchs. Plötzlich ging alles drunter und drüber. Vor lauter Praktikum und Fototerminen hatte ich auf einmal den Zeitdruck im Nacken noch rechtzeitig eine Ausbildung zu finden, dazu kam die Trennung meiner Eltern und der Umzug in die Stadt, alles ziemlich zeitgleich. Ich Sensibelchen war völlig überfordert und verloren. Ich landete in Fulda, begann meine Ausbildung als Hotelfachfrau und wusste nach ungefähr zwei Wochen, dass diese Ausbildung die falsche Entscheidung war.
Da saß ich dann nun, im dritten Stock eines grauen Mehrfamilienhauses im Industriegebiet, im Giebelfenster meines Schlafzimmers, habe auf die Firmengebäude aus Beton und Metall geschaut und habe geweint. Habe mein Leben vermisst und meine Katze die ich nach so vielen Jahren weggeben musste. Ich war todunglücklich. Viele Monate hatte ich mit Depressionen zu kämpfen und es war die dunkelste Zeit meines Lebens.
Drei Jahre und viele, viele Tränen später…
Es war ein heißer Tag im Juni 2013, ich sitze in meinem Auto völlig durchgeschwitzt, weil ich panisch das Gebäude der IHK gesucht hatte und zu spät kam, weil ich es nicht gleich gefunden hatte. Mir wurde ein Zettel in die Hand gedrückt, Hände geschüttelt und ich lief zum Auto zurück. Und da saß ich nun. Ich starrte auf den Zettel. Ich hatte diese Ausbildungsprüfung bestanden. In diesem Moment fiel so viel von mir ab, ich habe nur geweint. Minuten lang habe ich richtig geheult und geschluchzt. Ich war frei und glücklich, auch wenn ich keinen Plan hatte was nun kommt. Diese Erleichterung nach drei Jahren…
Und dann war mir klar: Jetzt bin ich dran, es ist mein Leben. Ich habe es zurück.
Und ich habe was fürs Leben gelernt. Ich konnte nun problemlos mit fremden Menschen reden und war stärker. Ich wusste ich komme alleine klar, kann irgendwie auf mich selbst aufpassen selbst wenn das Geld vorne und hinten nicht für das Nötigste reicht. Ich schaffe es zu überleben.
Ich warf meine Angst über Bord und begann wieder zu fotografieren, ließ die dreckige laute Stadt hinter mir und machte nur noch das, was sich für mich richtig anfühlte. Ich lies mich einfach von meinem Bauchgefühl leiten.
Mir wurde klar das Leben ist einfach zu schön und zu kurz um 40 Stunden in der Woche einen Job zu machen, der mir keinen Spaß macht. Bei dem man ständig auf die Uhr schaut und hofft, dass man bald nach Hause kann. Bei dem man für diese paar Tage Urlaub im Jahr lebt. Auch wenn es alle so machen und es der sichere Weg war, entschied ich mich ganz bewusst dagegen.
Ich zog zurück in mein Elternhaus, zurück in das Dorf, in die Natur. Ich tat das was ich liebe.
Von da an, konnte ich die kleinen schönen Dinge im Leben viel mehr Wertschätzen, und nach der Depression bekam Freude und Glücklich sein einen völlig neuen Stellenwert im Leben. Ein Spaziergang im Wald, die Stille und das alleine sein in der Natur und fühlen wie sich die eigenen Akkus so wieder aufladen. Die Katze die durch die Beine streift. Die Freiheit meinen eigenen Tag zu gestalten. Einfach das Leben zu lieben und alles nicht mehr so ernst zu nehmen. Mit voller Power habe ich an meiner Fotografie gearbeitet und es lief super, auch wenn ich im Sommer weitaus mehr als 40 Stunden die Woche arbeite, ich liebe es! Mein Herz schlug für die Hochzeitsfotografie und nach und nach konnte ich mich auf das spezialisieren was ich liebte, und es mit dem verbinden was mir am Herzen liegt, die Natur. Shootings auf Wald und Wiese sind einfach meine Erfüllung. Selbst jetzt, nach weit über 100 Hochzeiten und 18 Jahren mit der Fotografie fasziniert es mich immer noch. Ich kam immer mehr an. Und trotzdem war ich noch auf der Suche, ich wusste nur nicht nach was.
Ein großes Stück Zuhause habe ich gefunden als ich meinen Freund 2017 kennenlernte, und seitdem habe ich das Gefühl mein Leben im Griff zu haben, nachdem ich so lange in Unsicherheit war und nicht wusste was ich im Leben will.
Über die Jahre hat sich in mir ein Traum eingeschlichen, der immer deutlicher wurde. Das Bild wurde immer klarer und bekam immer mehr Details. Wenn ich die Augen schließe sehe ich es genau vor mir. Meinen Traum von dem kleinen Häuschen am Waldrand, ich kann vom Fenster aus den morgen über dem Apfelbaum im Garten dämmern sehen. Tau liegt über der wilden hohen Wiese, kleine Tiere huschen durch das Laub, meine Katze stupst mich mit den Köpfchen an, will nach draußen. Der alte Holz Boden, mit Kratzern die Geschichten erzählen, knarzt auf dem Weg zur Kaffeemaschine. Moos überdeckt den Weg zur kleinen Straße und Efeu klettert an der Wand hoch. Ich habe meinen Kaffee in der Hand, gehe nach draußen und setze mich auf die alte Holzbank. Fühle mich klein in dieser wundervollen Natur und genieß die Stille, während die Sonne durch die Blätter tanzt.
Und ich weiß, eines Tages werde ich auch das erreichen.