Wortwörtlich… denn mein Kopf funktioniert ein bisschen anders als der der meisten Menschen. Buchstaben und Zahlen haben Farben. Musik und Geräusche kann ich sehen: Es sind bunte tanzende Farben und Formen vor meinem inneren Auge.
Die meiste Zeit meines Lebens dachte ich es sei völlig normal und jeder würde so wahrnehmen. Des Öfteren wurde ich komisch angeschaut, weil es für mich selbstverständlich war, dass ich manche Wörter und Namen wegen ihrer Farbe mochte oder Teile eines Liedes eine besonders schöne Farbzusammenstellung oder Formen hatte.
Seit ein paar Jahren weiß ich, dass diese Sache einen Namen hat: Synästhesie.
In der Grundschule im Fach Kunst bekamen wir die Aufgabe, „Musik“ zu malen. Natürlich dachte ich an ein Lied und malte es so wie ich es sah. Wilde Farben, Blitze, Striche und Kreise- einfach abstrakt. Ich war als erste fertig, während der Rest der Klasse Geigen, Gitarren, Klaviere und Noten malte. Ihr könnt euch vorstellen, dass ich vor Stolz geplatzt bin, als meine Lehrerin sagte, ich hätte als Einzige die Aufgabe richtig verstanden. Rückblickend weiß ich nun warum.
Aber was genau ist Synästhesie? Es ist eine neurologische Besonderheit, eine Verknüpfung von Sinnen, wie zum Beispiel Hören und Sehen. Es gibt sie in unzähligen Varianten.
Ich bin glücklich über diese Laune der Natur, denn es ist ein bisschen meine „Super Power“. Ich kann mir Wörter und Vokabeln einfach merken, da ich sie immer (wieder gleich) farbig vor mir sehe- ebenso Autokennzeichen, Telefonnummern und Daten.
Es ist pure Kreativität! Ich höre ein Lied oder eine Melodie und diese Farben und Stimmungen kann ich durch Malen oder Fotografieren wiedergegeben. Anderseits ist es auch anstrengend, denn ich kann es nicht bewusst abschalten. Jede Buchseite, die ich sehe, erscheint mit farbig, nicht nur schwarz und weiß. Alle Geräusche nehmen viel Platz im Kopf ein, so dass es auch mal plötzlich zu einer Reizüberflutung kommen kann. Musik hindert mich manchmal am klaren Sehen und das lenkt mich dann oft ab. Kombinationen von Buchstaben und Zahlen, wie bei den klassischen W-LAN Passwörtern, kann ich einfach nicht laut vorlesen, denn das ist in meinem Kopf das reinste „Kuddelmuddel“.
Natürlich wird man manchmal komisch angeschaut und muss aufpassen, was man sagt, um nicht in verwirrte Gesichter hineinzublicken. Meine Eltern wirkten verzweifelt, wenn ich als Kind immer wieder über das Platzdeckchen mit den bunten Zahlen geschimpft hatte, da diese darauf in den für mich falschen Farben zu sehen waren. Ich vermeide Buchstabensuppe und nehme lieber die Sternchennudeln, weil diese „nicht so stressen“. Andererseits kann ich es mir aber auch nicht vorstellen wie es wäre, diese Eigenschaft nicht zu haben. Synästhesie findet man bei vielen Künstlern und Musikern. Nach aktuellen Schätzungen geht man davon aus, dass ca. 4 % der Menschen eine Form der Synästhesie haben.
Und ja ich glaube, dass die Synästhesie mein Leben und meine Fotografie beeinflusst hat. Das ständige Spiel mit den Farben, meine Liebe zum Malen und gestalten als Kind welche mich später zur Fachoberschule für Gestaltung und zur Fotografie gebracht hat. Und ich liebe meine Fotos klar und bunt, voller Lebensfreude und ein bisschen mehr strahlen und Zauber, als es der nüchterne Blick der Realität hergibt. So wie ich auch meine Welt sehe.
Und so sieht es für mich aus. Bei ganzen Wörtern wird oft das Wort in den ein oder zwei Farben der ersten oder auffälligsten Buchstaben eingefärbt. Ihr Fragt euch bestimmt, wie zur Hölle sieht man denn Sachen die nicht da sind. Da finde ich dieses Beispiel toll, hier ist kein Dreieck, aber ihr seht es trotzdem.